Kleine Ursache - große Wirkungen oder Angela und ihre Silberrücken

Eigentlich hätte das letzte Jahr sehr schön sein können. Die Arbeitslosenzahlen gehen zurück, die Konjunktur belebt sich, die Mehrwertsteuererhöhung wurde einigermaßen verkraftet, der Staat schaut den Energieversorgen endlich einmal genauer auf die Finger.
Angela Merkel hat den Höhepunkt ihrer Popularität erreicht und alle schauen neidvoll auf das Kanzleramt und fragen sich: Wie macht die Frau das nur?
Antwort: Mit Politikverdrossenheit.
Ja, sie regiert, als ob sie die schweigende und immer mehr wachsende Zahl der Bundesbürger wäre, die nie zu Wahlen gehen, weil sie sagen, dass die Politiker eh alle gleich sind und sie keinen Bock haben, für den Unsinn, denn die verzapfen auch noch alle vier Jahre mit einem Kreuzchen die Legitimation zu schaffen.
Genauso regiert Angela Merkel. Sie tut so als ob sie das Ganze nichts angeht und lässt die Minister aus Ihrem Kabinett oder auch die Ministerpräsidenten der Länder oder auch Staatsoberhäupter aber vor allem Männer gegeneinander antreten. Sie Lässt sie in ihrem Balzgehabe gegenseitig und sich selbst bei den Wählern gründlich vorführen und hält sich vornehm zurück. Sie ist die Sabine Christiansen der Politik. Auch bei der fragte man sich über all die Jahre, was sie da eigentlich für eine Rolle hat, aber sie war immer da.

Der Mangel an Testosteron hilft Merkel dabei. Sie braucht das einfach nicht, dieses schwellender-Kamm-Getue und wenn sie etwas mal meint, dann sagt sie es auch.
Sie nimmt sich die schönen außenpolitischen Themen, brilliert, macht Schlagzeilen, in dem sie den Dalai Lama zwar privat aber im Kanzleramt empfängt und überlässt  dann ihrem immer mehr ergrauenden Außenminister Steinmeier die undankbare Aufgabe hinter ihr her zu räumen.
Das ist geschickt.
Steinmeier hat so gar nicht die Chance zum beliebten Außenminister zu werden, wie dies Joschka Fischer so hervorragend bei rot-grün geschafft hat. Der Außenminister ist immer sehr populär, ist er doch der Glamourfaktor der Regierung. Immer schicke Fotos mit wichtigen Menschen der Zeitgeschichte und die großen Fragen werden eh auf einer supranationalen Ebene gelöst – so definiert sich politischer Erfolg: Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass.

Schäuble darf nebenbei die Demokratie abschaffen – am liebsten würde er alle Menschen in Deutschland präventiv verhaften lassen, um im Ernstfall auf alle Fälle die richtigen hinter Schloss und Riegel zu wissen. Falls es neben der Datenabspeicherung im Telekommunikationsbereich auch zu Stichwortabhörungen kommen sollte, ist Schäuble aber mit Sicherheit der Erste, der im nächsten Jahr hinter Schloss und Riegel stecken wird, so oft wie der „Al Kaida“ und „Terrorischmus“ sagt.
Auch hier hält sich die Bundeskanzlerin vornehm zurück und überlässt es ihrer ebenso stillen wie tapferen Justizministerin Zypries, Schäuble in Schach zu halten. Die kennt das aber – sie hat sich schon bei Rot-Grün mit Otto Schily’s Ambitionen herumgeschlagen, die Demokratie zu ihrem Schutz präventiv abzuschaffen.

Und der bedauernswerte Verkehrsminister Tiefensee, über den in der Presse und anderswo ohnehin nur noch gelästert wird, geht jetzt ganz auf Selbstmordkurs und möchte im Bahnkonflikt vermittelnd eingreifen. Gut nur, dass er so groß gebaut ist. Da wird ihn das Gift der Zwerge Mehdorn und Schell nicht gleich ins Gesicht sondern eher an die Brust spritzen. Wenn die beiden in jeder Hinsicht zu kurz geratenen Herren seiner stattlichen Gestalt angesichtig werden – so meine Hoffnung – wird vielleicht das Silberrückenprinzip eintreten.

Das geht so: Im Gorillarudel hat der Silberrücken das Sagen, weil er den breitesten Rücken hat. Wie er von vorne aussieht ist vor allem den Weibchen egal, aber das ist kein Wunder, die Gorillas machen es ja eh von hinten. Der Größte bestimmt also wo es langgeht – vielleicht hilft das dem Team Testosteron ja an den Verhandlungstisch.

Vielleicht aber sucht sich Wolfgang Tiefensee diesen Bahn-Tarifkonflikt (für den wahrscheinlich nicht einmal mehr die Ehefrauen von den Herren Mehdorn und Schell noch Verständnis aufbringen), um eine elegante Gelegenheit zum Rücktritt zu bekommen. Wenn er die beiden Herren befriedet, wäre das ein sehr großer Erfolg, wenn eher nicht (die wahrscheinlichere Variante), wird der Ruf nach seinem Rücktritt wieder lauter werden. Dann könnte er sich seiner neuen Freundin und dem Cellospiel widmen und damit den Dingen, auf die es im Leben wirklich ankommt.

Ein Auto haben die beiden ja hoffentlich.

 

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